Überlassung einer Wohnung und Auszug

Überlassung einer Wohnung an Kinder stellt für den Vermieter eine unzulässige Aufdrängung eines neuen Vertragspartners dar.

Überlassung der Wohnung und Auszug

Hier zum Originalurteil des LG Berlin

1. Die Vorgeschichte

Wohnen Mieter sehr lange in einem Haus verschwimmt oft – zumindest gefühlt –  die Grenze zwischen Eigentum und Miete. Dies kann sich dadurch bemerkbar machen, dass ein Mieter seinen Mitmietern „erklärt, was hier im Haus verboten ist“ oder auch dadurch, dass Gemeinschaftsräume durch die langjährigen Mieter „verschönert“ oder gar ganz in Beschlag genommen werden. Manche  Mieter streiten sich auch mit dem Hauseigentümer darüber, in welcher Reihenfolge ein Haus zu renovieren ist, beziehungsweise was, in welcher Form in Stand zu halten ist.

In dem hier geschilderten Fall, zog in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Ehepaar mit seinem damals 5 jährigen Sohn in ein Haus ein. 1980 zog die Familie im Haus um, in eine rund 65 m² große 2 Zimmerwohnung.

Im Rentenalter zogen die Eltern aus und überließen dem inzwischen erwachsenen Sohn, der mit seiner Frau und zwei erwachsenen Söhnen in der Wohnung wohnte, die Mieträume. Im Jahr 2012 meldeten die Eltern sich in Deutschland ab und im Ausland an.

Von all diesen Vorgängen wusste der Vermieter der Wohnung nichts.

Was der Vermieter aber bemerkte war, dass es seit einigen Jahren um das Mietverhältnis unruhig wurde. Gab es eine Betriebskostenabrechnung die eine Nachzahlung der Mieter auswies, kam sofort Anwaltspost. Mieterhöhungen und Betriebskostenanpassungen wurde stets mit Anwaltsschreiben widersprochen.

9 Jahre lang wurde die Miete (4,78 EUR pro m² im Jahr 2018 in Berlin Neukölln) aus unterschiedlichsten Gründen gemindert, zuletzt, weil das Treppenhaus einige Schönheitsreparaturen nötig hat.

2. Der Sachverhalt

Diverse Meinungsverschiedenheiten zwischen Mieter und Vermieter wurden vor Gericht ausgetragen. Im Rahmen eines solchen Prozesses, (der Sohn hatte im Namen seiner Eltern die Miete gemindert), wurde dem Vermieter bekannt, dass die Eltern sich aus der Wohnung abgemeldet hatten.

Der Vermieter forderte die Eltern schriftlich dazu auf, ihm mitzuteilen, wer in der Wohnung lebt. Als dieses Schreiben unbeantwortet blieb, kündigte der Vermieter den Mietvertrag fristgerecht und forderte die Eltern zur Herausgabe der Wohnung auf.

Als die Räumungsfrist ohne Ergebnis verstrich, erhob der Vermieter Klage auf Räumung. Diese Klage wurde erstinstanzlich (AG Neukölln) abgewiesen. Nach Berufungseinlegung wurde der Klage vom LG Berlin vollumfänglich stattgegeben.

3. Die juristische Würdigung

Im Gesetz ist die Konstellation, dass eine Wohnung von den Eltern zu deren Lebzeiten an ihre Kinder weitergegeben wird, nicht expressis verbis geregelt, sondern man muss sie sich im Zusammenspiel der §§ 553, 540, 563 BGB erschließen.

Nach § 563 BGB treten Kinder automatisch in einen Wohnraummietvertrag ein, wenn die Eltern sterben, im Zeitpunkt ihres Ablebens Mieter waren und mit den Kindern in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Eine sinnvolle Regelung, die enge Familienangehörige vor plötzlicher Wohnungslosigkeit bewahren möchte. In diesem Fall waren die Regelungen nicht einschlägig, da die Eltern zwar Mieter waren, aber noch lebten.

Nach § 553 BGB kann ein Mieter auch gegen den Willen des Vermieters eine Person in die Mietwohnung aufnehmen, wenn bestimmte Umstände vorliegen.

Das Gesetz formuliert das so:

„Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen.“

Einigkeit besteht darüber, dass ein Mieter in der Regel einen Anspruch, darauf hat seine Kinder bei sich wohnen zu lassen. Dies auch dann, wenn die Kinder lange volljährig sind und bereits aus der Wohnung ausgezogen waren. Nimmt also eine Mieter ein Kind in die Wohnung auf, muss er sich das nicht erlauben lassen, diese Aufnahme dem Vermieter jedoch anzeigen. Ohne eine solche Mitteilung könnte der Vermieter nicht überprüfen, ob es sich bei der aufgenommenen Person tatsächlich um ein Kind des Mieters handelt.

Wichtig ist hierbei: Der Mieter im Sinne von § 553 BGB muss als solcher auch noch die Wohnung bewohnen. Hierzu ist es nicht notwendig, dass er jeden Tag anwesend ist. Niemand kann einem Mieter vorschreiben, wie er seine Mietwohnung nutzt, ABER irgendwie muss er sie noch nutzen oder jedenfalls für die Zukunft planen, die Wohnung wieder zu nutzen.

Zieht ein Mieter aus einer Wohnung aus und stehen in der Wohnung keine Einrichtungsgegenstände mehr, von ihm oder hat er selbst gar keinen Schlüssel mehr zu Wohnung, sondern muss um in die Wohnung zu gelangen immer andere Leute fragen, besteht zwar formal noch ein Mietverhältnis zwischen Mieter und Vermieter, aber es liegt kein Fall des § 553 BGB mehr vor. § 553 BGB geht nämlich davon aus, dass nur ein Teil der Wohnung überlassen wird. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn die ganze Wohnung überlassen wurde. Derjenige, der in einer solchen Konstellation die Wohnung vom Mieter weitergegeben bekommen hat, ist nicht mehr Dritter im Sinne dieser Vorschrift, sondern Untermieter.

Die Untervermietung wird in § 540 BGB geregelt. Auch hier muss der Mieter den Vermieter um Erlaubnis zur Untervermietung fragen. Allerdings kann der Vermieter hier deutlich einfacher die Erlaubnis versagen.

Ist das Zusammenspiel von §§ 553, 540 und 563 BGB klar, erschließt sich auch die rechtliche Beurteilung der oft vorkommenden Lebenssachverhalte:

Bekommen Eltern Kinder, hat der Vermieter zu dulden, dass diese in die Mietwohnung aufgenommen werden. Auch müssen Vermieter dulden, dass bereits ausgezogene Kinder wieder in eine von den Eltern bewohnte Wohnung einziehen.

Wird aber eine ganze Wohnung überlassen, kann der Vermieter dies untersagen und – für den Fall dass die unerlaubte Untervermietung fortgesetzt wird – das Mietverhältnis kündigen und den Auszug von allen verlangen.

Im vorliegenden Fall waren die Eltern ausgezogen und haben einen Teil ihrer Küchenmöbel zurückgelassen. Die Behauptung des Sohnes, seine Eltern würden alle 6 Monate zu Besuch kommen und die Tatsache, dass seit Jahren die Miete vom Konto des Sohnes an den Vermieter gezahlt wurden, führten zu keiner anderen rechtliche Beurteilung der Sache. Rechtlich (und wohl auch tatsächlich) waren die Eltern ausgezogen.

Die Überlassung der Wohnung an den Sohn und dessen Familie, hätte der Erlaubnis des Vermieters bedurft. Dieser muss den Sohn als neuen Mieter nicht akzeptieren.

Fazit

Als Vermieter lohnt es sich genau hinzusehen, wer in einer Wohnung wohnt. Als Mieter empfiehlt es sich auf „die Spielregeln“ zu achten und neue Mieter nicht ohne Einverständnis des Vermieters aufzunehmen.

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Der Autor Amin El Gendi, Rechtsanwalt und Unternehmer, lebt in Neuss.

Weitere Informationen über den Autor finden Sie auf https://www.elgendi.de/

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